KULTUR-/NATURERBE & GESUNDHEIT

Der biologische Verfall und die mikrobiologische Sanierung werden thematisiert, indem der Blick auf die Wechselwirkung zwischen den – auf Oberflächen lebenden – Kleinstlebewesen und der Strahlung, der sie ausgesetzt sind, gerichtet wird. Beobachtet wird die „Materie“ und ihre „Umgebung“.

Bakterien dienen dabei als Modelle. Sie sind für die Transformation von Licht in Materie, die für unser Überleben auf der Erde existentiell ist, zuständig, und gleichzeitig für die Pigmentbildung: Als lebende Pigmente gestalten sie die wahrnehmbare Vielfalt in unserer Welt.

Die Mikroorganismen produzieren in ihren Stoffwechselprozessen Pigmente als Abfallprodukte und kreiieren damit eine neue künstlerisch-ästhetische Erfahrung. Abgesehen von der weichgezeichneten Wirkung der betroffenen Oberfläche liegt der spezifische ästhetische Anreiz dieser so entstandenen „natürlichen“ – und im Falle der „Bakterienkunst“ von Sabine Kacunko auch „künstlerischen“ – Patina, vor allem in ihrer Färbung.

Die subjektive „Natur der Farbe“ erhält indes durch die künstlerische Intervention ihre objektive, ressourcen-technische „Grundierung“, indem sie ihren Träger, die molekularen Prozesse, die für die Pigmentierung verantwortlich sind, in das Zentrum der Aufmerksamkeit rückt.

Besonders interessant mit Blick auf die Bakterienkunst von Sabine Kacunko ist die „ambivalente“ Funktion von Melanin, deren Einfluss, trotz intensiver experimenteller Forschungen, immer noch nicht verstanden worden zu sein scheint.

Melanin ist als schwarzes Pigment verantwortlich für Farbveränderungen auf Oberflächen. In anderen Worten: Es ist zuständig für die „Patinierung“ von Mineralsubstraten, wobei sein Einfluss gleichzeitig schützende wie auch zerstörerische Kräfte hat. Die „Ambivalenz“ von Melanin als ein („schützendes“, reaktionsträges) stabiles Radikal liegt auch in seiner Lichtsensibilität, weil schwefelhaltige Phäomelanine, unter dem Einfluss von Licht, freie („destruktive“, reaktive) Radikale herstellen können.